2014 jährte sich der Beginn des Ersten Weltkriegs zum 100. mal. Dabei wurde das Thema in den meisten Publikationen, Zeitungsartikeln und Fernsehsendungen wieder fast ausschließlich aus eurozentrischer Perspektive behandelt und Kriegsfolgen für den Rest der Welt werden ignoriert.
Hinweise auf empfehlenswerte Publikationen, Veranstaltungen, Filme und eine Ausstellung zur Rolle der Dritten Welt sowie zu Kolonialsoldaten im ERSTEN Weltkrieg finden sich hier.
Artikelserie zur Kolonialgeschichte des Ersten Weltkriegs im iz3w
Um so verdienstvoller ist die Artikel-Serie zur Kolonialgeschichte des Ersten Weltkriegs, die seit Mitte 2013 in der internationalistischen Zeitschrift iz3w aus Freiburg erscheint (www.iz3w.org). In der Nr. 340 (Januar/Februar 2014) folgte darin auch Teil eins eines zweiteiligen Beitrags von Karl Rössel von Recherche International e.V. über Kolonialsoldaten im Ersten Weltkrieg, der in der iz3w-AusgabeNr. 341 (März/April 2014) fortgesetzt wurde.
Teil eins des Beitrags („Die Front ist die Hölle“) ist nachzulesen hier.
Teil zwei des Beitrags ist nachzulesen hier.
Südlink-Themenheft:
Hundert Jahre Erster Weltkrieg
Der globale Süden zwischen den Fronten (Nr. 168, 2014)
Bibliographie zu Afrika im Ersten Weltkrieg
Im November 2014 war Oliver Schulten auch an dem Themenabend zur Erinnerung an Afrikas Rolle und Opfer im Ersten Weltkrieg beteiligt, den Recherche International im Kölner Theater im Bauturm veranstaltete. Seitdem arbeitet er an einem Buch über Afrika im Ersten Weltkrieg. Ein erstes Ergebnis seiner Recherchen ist eine beeindruckend umfangreiche Bibliographie zum Thema: hier
Artikel über Ostafrika im Ersten Weltkrieg von Oliver Schulten (in Englisch) hier
Veranstaltungen von Recherche International e.V. zur Kolonialgeschichte des Ersten Weltkriegs:
Die Front ist die Hölle
Kolonialsoldaten im Ersten Weltkrieg
3.9.2014, 19 Uhr, „Pumpe“. Kiel
Schwarze Brüder unter Eis und Tod
Themenabend: Afrika im Ersten Weltkrieg
23.11.2014, 18 Uhr, Theater im Bauturm, Köln
Infos hier
Ausstellung des Historischen Museums in Frankfurt
Das Historische Museum Frankfurt hat von 2012/2013 die Ausstellung „Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg“ sieben Monate lang gezeigt. Dadurch angeregt ist dort ab dem 11. September 2014 (bis zum 15.2.2015) eine neue Ausstellung mit dem Titel „Gefangene Bilder. Wissenschaft und Propaganda im Ersten Weltkrieg“ zu sehen. Den Ausgangspunkt dafür „bilden Porträts von zehn französischen Kolonialsoldaten aus Nord- und Westafrika“, Kriegsgefangene, die in einem Lager fotografiert worden sind und die Austellung geht der Frage nach: „Wie passen diese Fotografien, die fast hundert Jahre unbeachtet im Archiv lagen, zum üblichen Bild vom Ersten Weltkrieg“.
Hier das Plakat und der Programmflyer.
Filme
Zwei Filme zu Kolonialsoldaten aus dem Ersten Weltkrieg, die im Begleitprogramm zur Frankfurter Ausstellung laufen, können auch anderen Veranstaltern besonders empfohlen werden:
Majubs Reise
Deutschland 2013, Dokumentarfilm, Regie & Buch: Eva Knopf; 44 min.
Produktion: Filmakademie Bade-Württemberg. Kontakt: www.filmakademie.de
In der Kolonie Deutsch-Ostafrika geboren, wird Majub bin Adam Mohamed Hussein im Ersten Weltkrieg Soldat für die Deutschen. Damals ist er neun Jahre alt. Nachdem die Deutschen den Krieg verloren haben, zahlen sie ihm seinen Sold nicht mehr aus. Etwa zehn Jahre nach dem Krieg entschließt Majub sich deshalb, seinen ausstehenden Sold persönlich abzuholen. Im nationalsozialistischen Deutschland wird aus dem Kolonialsoldaten des Ersten Weltkriegs ein vielbeschäftigter Statist und Kleindarsteller im deutschen Kino. Fast immer, wenn es in den Filmen der Nazizeit einen Schwarzen brauchte, war es Majub, der diese Rolle spielte. Er war Zarah Leanders Chauffeur, Hans Albers’ Diener und Heinz Rühmanns Liftboy. Regisseurin Eva Knopf erzählt in ihrem essayistischen Dokumentarfilm Majubs Reise von seiner Kindheit in der Kolonie, seinem Leben im nationalsozialistischen Deutschland und seinem Platz in den Kolonialfantasien der Deutschen.
Eva Knopf über ihren Film: „Fast alles, was wir über [Mohamed Hussein] wissen, stammt aus den Archiven der Nationalsozialisten – aus Unterlagen des Auswärtigen Amtes und seinen Auftritten in Propagandafilmen. Er hat keine lebenden Verwandten – es gibt nichts, was ihn unter seinen eigenen Bedingungen zeigt. Wenn wir diese Archivbilder und Dokumente zeigen, laufen wir Gefahr, die Degradierungen, die Mohamed Husen erfahren hat, zu wiederholen. Wenn wir sie nicht zeigen, wird er für immer in den Archiven vergessen werden.“
The Halfmoon Files
Deutschland 2007; Dokumentarfilm, Regie & Buch: Philip Scheffner; Beta SP; 87 min.
Vertrieb: Filmgalerie 451. Kontakt: www.filmgalerie451.de
Eine faszinierende Spurensuche nach Informationen über Kolonialsoldaten, die 1916 in einem Lager bei Berlin gefangen waren und von denen nur Tonaufnahmen auf Schallplatten erhalten sind, die deutsche Wissenschaftler aufnahmen, um fremde
Stimmen zu dokumentieren. Auf der Internetseite des Filmemachers Philip Schaffner (www.halfmoonfiles.de) heißt es über den Film:
„Es war einmal ein Mann.
Er geriet in den europäischen Krieg.
Deutschland nahm diesen Mann gefangen.
Er möchte nach Indien zurückkehren.
Wenn Gott gnädig ist, wird er bald Frieden machen.
Dann wird dieser Mann von hier fortgehen.“
Knisternd verklingen die Worte von Mall Singh, gesprochen in einen Phonographentrichter am 11. Dezember 1916 in der Stadt Wünsdorf bei Berlin.
90 Jahre später ist Mall Singh eine Nummer auf einer alten Schellackplatte in einem Archiv, eine unter Hunderten von Stimmen von Kolonialsoldaten des 1. Weltkrieges.
Die Aufnahmen entstanden in einer einmaligen Allianz aus Militär, Wissenschaft und Unterhaltungsindustrie. Philip Scheffner folgt in seiner experimentellen Spurensuche „The Halfmoon Files“ diesen Stimmen an den Ort ihrer Aufnahme. Wie in einem Memoryspiel, das bis zum Ende unvollständig bleibt, deckt er Bilder und Töne auf, in denen die Geister der Vergangenheit zum Leben erwachen. Spiralförmig schrauben sich die Worte seiner Protagonisten ineinander. Diejenigen, die den Aufnahmeknopf drückten an ihren Phonographen, an ihren Foto- und Filmkameras, haben die offizielle Geschichte geschrieben. Mall Singh und die anderen Kriegsgefangenen aus dem Halbmondlager sind aus dieser Geschichte verschwunden. Ihre Geister scheinen mit dem Filmemacher zu spielen, ihm aufzulauern. Sie folgen ihm auf seinem Weg, die Stimmen in ihre Heimat zurückzubringen.
Doch die Handlung der Geschichte entgleitet dem Erzähler. Und die Geister lassen sich nicht vertreiben.
„Wenn ein Mensch stirbt, irrt er herum und wird ein Geist.
Es ist die Seele, die umherschweift.
Diese Seele ist wie ein Lufthauch.
Der Geist ist wie die Luft, die uns umgibt.
Er kann überall hingehen.“