Mai 2016: Antifaschistisches Kulturfest zum Tag der Befreiung in Göttingen

Am Sonntag, den 8. Mai 2016, fand in Göttingen „zur Feier der Befreiung vom deutschen Faschismus“ ein spektakuläres Kulturfest statt. Auf dem Wochenmarktplatz im Zentrum der Altstadt war zwischen Info-Ständen eine lange Tafel für mehr als 150 Personen aufgebaut. Alle die mochten bekamen dort bei strahlendem Sonnenschein von der Volxküche ein dreigängiges Menu serviert. Die spanisch-italienischen Gerichte (Gazpacho, Pasta und Panna Cotta) wurden dem historischen Anlass entsprechend in einer Feldküche der Alliierten aus dem Jahre 1943 zubereitet und der Rotwein stammte aus einem Solidaritätsprojekt zur Aufarbeitung der Partisanen-Geschichte in Italien. Im Anschluss an das Essen folgte bis zum Abend ein Konzert im Jungen Theater mit den fünf italienischen und deutschen Bands Old Heroes Die, Fisco, ContraReal, NH3 und COR.

Das Fest zum Tag der Befreiung war der Abschluss einer Veranstaltungsreihe, die im April mit der Präsentation der Ausstellung „Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg“ im besetzen ehemaligen DGB-Haus begonnen hatte. Das zentral gelegenen Gebäude hatte lange leer gestanden, bevor BesetzerInnen es zu neuem Leben erweckten, u.a. als Anlaufadresse für Geflüchtete, die in Göttingen gestrandet sind. Hier fand am 6.5. auch eine Ausstellungsführung u.a. für eine Gruppe von Geflüchteten aus Eritrea statt sowie ein Vortrag zum Thema von Karl Rössel (recherche international e.V., Köln) mit Verweisen auf „historische und postkoloniale Ursachen für die aktuellen Fluchtbewegungen“.

Die Präsentation des Dokumentarfilms „Ein anderer 8. Mai – Die Massaker von Setif“ erinnerte daran, dass der 8. Mai keineswegs überall ein Grund zum Feiern ist, sondern in Algerien zum Beispiel bis heute als „Tag der Trauer“ gilt. Denn dort hatten französische Siedler und Fremdenlegionäre 1945 bei Feierlichkeiten von Algerierinnen und Algeriern zum Kriegsende in Europa in die mengen geschossen und ein Massaker mit Tausenden Toten verübt, nur weil bei den spontanen Umzügen der Bevölkerung auch Fahnen der algerischen Unabhängigkeitsbewegung mitgeführt worden waren.Die Göttinger VeranstalterInnen – der Verein zur Förderung antifaschistischer Kultur und die Antifaschistische Linke International (A.L.I.) – verbinden die Erinnerung an die Kolonialgeschichte des Zweiten Weltkriegs seit Jahren auf nachahmenswerte Weise mit aktuellen Themen wie dem „Rassismus und Chauvinismus hierzulande“. Schon 2005 war recherche international erstmals nach Göttingen eingeladen, um das Buch „Unsere Opfer zählen nicht“ nach seinem Erscheinen in einer Lesung vorzustellen. 2011 folgte die Präsentation der Ausstellung „Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg“ mit einem anspruchsvollen Begleitprogramm. Im Vorlauf zum antifaschistischen Kulturfest am 8. Mai 2016 war dann noch einmal die kleinere A2-Version der Ausstellung zu sehen. Den aktuellen Ereignissen entsprechend waren alle Flyer zur Ankündigung der Veranstaltungen mit dem Aufdruck „Refugees Welcome“ versehen und in fünf Sprachen gehalten (Deutsch, Englisch, Französisch, Arabisch und Farsi).
Weitere Infos: www.ali.antifa.de

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